Wir gehen immer davon aus, dass alles unendlich ist. Daran, dass jemand, egal wann und in welcher Form, bannen wir aus unseren Gedanken. Wir wissen das wohl, wollen es aber niemals wahrhaben. Aber irgendwann heißt es Abschied nehmen, ganz gleich, ob jemand auswandert, das mag dann nicht für immer sein, aber lebt er „down under“ so ist das ein wenig wie ein ewiger Abschied. Aus Freundschaften verabschiedet man sich, manchmal nicht so ganz freiwillig, sondern weil der gemeinsame Weg einfach zu Ende ist.

Seine Kinder muss man in ihr eigenes Leben gehen und solange das egal wo auch immer gelebt wird, so bleibt hier immer die Chance eines Wiedersehens. Dann gibt es da ein Abschied, den ich einfach nur gemein finde und frage mich täglich wann die Pharmaindustrie soweit ist, ein Medikament gegen Demenz, AHD, etwas zu finden.

„Weißt Du“, sagte meine Schwiegermutter bei unseren zahlreichen Gesprächen oft, „wenn ich vor einem Angst habe, dann ist es „verkalt“ zu werden, nicht mehr zu wissen wer ich bin. Dann lieber nicht mehr da sein, einfach einschlafen.“. Tja nun ist das eingetreten was sie für sich niemals wollte, sie ist dement und auf Bildern, die gerade mal ein Jahr alt sind erkennt sie sich nicht mehr.

Schlimmer noch finde ich, dass sie eine Gabel in der Hand hält, sie anschaut und mich fragt was nun damit tun soll. Oder ich habe ihr Frühstücksbrötchen gerichtet und sie schaut mich an und weiß nicht was sie damit tun soll. Dass sie manchmal die Toilette nicht findet und hilflos im Flur steht, das ist nichts Neues, dass sie aber umgekehrt nun ihr Schlafzimmer nicht mehr findet, sich im Flur auf den Fußboden legt und weiter schläft, das ist neu.

Selbst die Zahnbürste findet manchmal ihren Weg in den Mund zur Verrichtung ihrer Arbeit nicht mehr, sie muss geduscht und gewaschen werden und manchmal, auch das ist neu, muss ich sie auf die Toilette setzen und wenn sie fertig ist, ihr dann weiter helfen. Dann aber wieder, wenn sie Lust und Laune hat, geht sie in die Küche und schneidet Brötchen auf, nicht eins oder zwei, sondern eigentlich alle.

Ich kann nicht einschätzen, ob sie mich in kurzen Momenten noch erkennt, ob sie ihren Sohn erkennt, ihre Enkeltöchter. Ich weiß es einfach nicht. Fernsehprogramm, auch wenn es Supergeiger Rieu ist, verschläft man, um nachts um 4:30 dann fix und fertig angezogen auf dem Bett sitzend zu schlafen. Was mache ich dann? Ich ziehe sie wieder aus, das Nachthemd an, lege sie wieder ins Bett, gehe selbst schlafen, um dann nach einer Stunde noch mal gucken, ob sie noch im Bett liegt, was eher  nicht der Fall ist, sondern sie sortiert Wäsche, weil sie ja am nächsten Morgen gehen wird.

Natürlich kenne ich den Verlauf einer Demenz, dennoch was werden wird, ich weiß es heute genau so wenig wie am Anfang unserer Betreuung. Der Abschied, wir sehen in tagtäglich geht manchmal mehr, manchmal weniger schnell voran.