Es war schon früh warm an diesem Morgen, im Juli 2005, genauer am 28.Juli 2005. Wir hatten Urlaub ohne verreist zu sein. Meine Mutter war zu Besuch und nach einem ausgiebigen Frühstück stand ich unter der Dusche. Ich fühlte ein Kribbeln im Magen, das mich sofort an meinen Sohn erinnerte.

„Komisch“, dachte ich „vielleicht sollte ich einfach mal im HPC anrufen und daran erinnern, dass er Montag wegen seiner Zahn-OP nüchtern bleiben sollte.“ Damit verließ ich in meinen Gedanken meinen Sohn, das Kribbeln aber ist geblieben. Kurze Zeit später, ich hatte gerade einige Zeitungen von der Tankstelle gegenüber geholt, als mich ein Anruf aus dem HPC darüber informierte, dass der Notarzt versuchte Andreas zu reanimieren. Das Kribbeln hatte ich immer noch.

Wir machten uns umgehend auf den Weg ins HPC, auf dem Weg dorthin hörte das Kribbeln auf. Als wir bei Andreas angekommen waren bat ich den Notarzt, nachdem ich hörte, dass er bereits seit 40 Minuten reanimierte, seine Bemühungen einzustellen. Er kam dem sofort nach. Mein Sohn war gegangen.

Die Zeit danach war so brutal, wie man sich das brutaler nicht vorstellen kann. Jede Faser an meinem Körper schmerzte, jeder Gedanke gehörte meinem Kind, jeder meiner Herzschläge schlug für ihn. Wir sind waren als Familie eine Einheit.  Manche Freunde kamen sofort noch am gleichen Tag, andere nicht, schienen vor der Begegnug mit uns zu kneifen. Ich kann es verstehen, denn was soll  man einem Vater, einer Mutter, einer Schwester sagen, deren Kind und Bruder gegangen ist? Ich habe Verständnis dafür, auch wenn es bei manchen eine schmerzliche Erfahrung war.  Die Tage bis zur Trauerfeier vergehen als sind sie in Watte getaucht, die Tage danach sind bestimmt durch die Leere, die Ratlosigkeit wohin man mit seiner Trauer soll.

So machte ich mich auf den Weg durch das Internet und fand dort unter www.leben-ohne-dich.de den von Tina und Bodo, einem betroffenen Elternpaar gegründeten Verein „Leben ohne Dich“ e.V. Hier finden verwaiste Eltern einen Ort wo sie in ihrer Trauer aufgefangen werden, wo Väter, Mütter und Geschwisterkinder sich austauschen können, wo der Schmerz gemeinsam getragen wird. Irgendwer antwortet immer auf die eingestellten Beiträge, auf die verzweifelten Hilferufe. Irgendwer hat immer ein offenes Ohr für die Probleme anderer. Ich war froh hier angekommen zu sein.

Danke liebe Tina, lieber Bodo, dass auch ich da sein darf, wenn mir danach ist, denn auch wenn die Zeit die Wunde verschließt, der Schmerz nachlässt, so lässt die Trauer sie niemals ganz ausheilen.