Archiv
Kategorien

Würselen und ESC

Es war vorauszusehen, auch wenn der Sieg der anderen nicht erdrutschartig gewesen war: Hannelore Kraft ist ihr Amt los. Das ging ratzfatz und ziemlich unspektakulär und Frau, die sie eben ist, hat sie die Konsequenzen gezogen. Tja, was soll man sagen, drei Wahlen in Folge sind nun seit der Mann aus Würselen Kanzlerkandidat ist, verloren gegangen. Es waren Landtagswahlen und angeblich, laut SPD und CDU gleichermaßen, und die haben mit einer Bundestagswahl nichts zu tun. Na ja, sollten sie nicht. Diese dritte Landtagswahl hat die SPD verloren, wie wir am Samstag beim ESC verloren haben.


Ich kannte unseren Beitrag nicht und habe es das erste Mal beim Wettbewerb selbst gehört. Was soll ich sagen? Ich hatte die meisten Lieder vor unserem Beitrag gehört, ich habe das kurze Interview gehört, dass sie vor dem Beginn des ESC Barbara Schöneberger gegeben hat. Zugegeben, die junge Frau ist sehr sympathisch und am Schlagersternenhimmel wird sie durchaus ihren Platz finden, aber das Lied war einfach blöd, hat überhaupt nicht in die diesjährige Strömung gepasst. Genauso wie das Lied aus Portugal. Also der Mann hat eine so unglaubliche Stimme, dass man sie trotz starker Mikrofone kaum hören konnte. Vielleicht war das sein Geheimrezept den ESC zu gewinnen.

 
Seine Ausstrahlung, seine Frisur, sein Lächeln, an diesem Abend passte für ihn all das zusammen und es hat für einen 1. Platz für ihn gereicht. Für Levina reichte es nur für den vorletzten und ich frage mich wer so viel Dreistigkeit besessen hatte, uns 6 ganze Punkte zu geben. Natürlich weiß ich es, aber trotzdem, diese Punkte hätten sie auch noch behalten können. Ich hätte wieder den letzten Platz genommen, schließlich gehört der inzwischen uns. Kein wirklicher Schwung, keine Bühnenperformance, kein Nichts, wundern muss man sich, bei aller Fröhlichkeit der Interpretin, ihrer Leichtigkeit, ihrer Ausstrahlung wirklich nicht. Für sie tut es mir leid, aber der letzte Platz wäre auch okay gewesen.

 
Ich habe die Vorentscheidung nicht gesehen, habe auch nicht die Berichte vor dem Wettbewerb gesehen, ich war also vollkommen unvoreingenommen. Da waren ganz andere Knallerlieder als unsers das gewesen war. Schätzungsweise wird das nächstes Jahr nicht anders werden, weil wir im kommenden Jahr eine solch schnulzige Ballade, wie die aus Portugal war, anbieten werden und somit wie so oft, dem Trend hinterher laufen werden. Damit müssen wir uns abfinden, so ist das nun mal. Ach ja und die jährliche Diskussion, ob wir nicht pausieren sollen, ist auch wieder aufgeflammt. Warum eigentlich? Es könnte ja doch weiter oben mal wieder klappen.

 
Was wird Hannelore Kraft jetzt machen? Hat sie überhaupt ein Mandat? Sitzt sie nun in den Bänken der Opposition? Machen wir uns nichts vor, da ist eine ganze Menge falsch gelaufen in diesem Bundesland. Das konnten wir seit der Sylvesternacht in Köln erfahren, als es begonnen hatte, dass sich die Pannen aneinander reihten und wenn Trittin gestern Abend erklärt hat, wer die Schuld an dem Attentat am Breitscheidplatz in Berlin trägt, so muss man ihm klar machen, dass seine Kollegen von der SPD in jedem Fall mit in der Regierungsverantwortung gewesen sind. In Berlin, so sagte er, mussten nun die Grünen kommen, damit die Polizei, um ihre Aufgaben bewältigen zu können, aufgerüstet werden konnte, weil der ehemalige Innensenator Henkel (CDU) nichts gemacht hatte.

 
Es war sein Ressort gewesen, aber Trittins jetzige Kollegen von der SPD waren damals auch in der Regierungsverantwortung und hätten aktiv werden können. Haben sie wohl nicht und können sich nun nicht frei von allem Elend sprechen. Überhaupt sehe ich nicht, dass die jetzige Ampel in Berlin nach dieser Legislaturperiode noch weiter zusammen arbeiten kann. Ich gehe davon aus, dass alles im Desaster enden wird. Wenn ich dann noch, gestern bei Anne Will gehört, Trittins Argumentation über Machtansprüche gehört habe, da wird mir schlecht, da geht es nicht um das, was man versprochen hat, oder das, was der Bürger will, sondern nur darum die Arbeit der großen Parteien zu blockieren und zu beschneiden, unabhängig davon, ob sie gut oder schlecht ist. Sorry, aber die Grünen hatten mal tolle Argumente, dass man sie wählen konnte, aber diese Aussage ist so abartig, dass man sich schon überlegen sollte, ob man den Grünen noch seine Stimme geben sollte. Ich glaube, dass es an der Zeit ist, dass sie mal vier Jahre lang eine bundespolitische Pause machen sollten. Sie sind als kleine Partei zu machtbesessen geworden. Neben Trittin saß Kubicki (FDP), dem es ob dieser Aussage Trittins die Sprache verschlagen hat. Heute fanden die ersten Gespräche zu einer möglichen Ampelkoalition zwischen FDP und Grünen in Schleswig-Holstein statt.

 
Auf jeden Fall wurde es Kubicki fast schlecht, als er die Worte aus Trittins Mund gehört hatte. Die FDP war gerade von den Wählern überall durchs Bundesgebiet, ordentlich geprügelt worden, hat sich runderneuert und scheint nun wieder zurückzukommen. Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass sie sich auf einen solchen Deal einlassen wollen. Falls doch, dann sollten sie nicht in den Bundestag zurückkehren dürfen.

 
Ich weiß, Trittin ist nicht unumstritten, aber das, was er gesagt hat, nein, nicht wirklich. Ja, ich weiß, jeder Politiker möchte an die Macht kommen, aber dafür die Sonnenblumen zu verraten? Das kann es nicht wert sein. Somit haben die Grünen das letzte bißchen Glaubwürdigkeit in meinen Augen verloren. Alles, was sie tun, was sie sagen, all ihre Ziele sind nur formuliert, um an die Macht zu kommen und dafür verraten sie nicht nur ihre Sonnenblumen, sondern auch ihre Wähler.

 
Den Mann aus Würselen möchte ich nicht unerwähnt lassen. Sein „Würselen“ liegt in NRW. Seine 100%-Ausstrahlung konnte das Desaster gestern weder verhindern, noch abmildern. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass die letzten drei Wahlen ein Maßstab für die kommende Bundestagswahl sein wird. Okay, ein wenig schon und umso mehr, wenn die Deutschen auf einem Abwatschtrip sind, dann könnte das so wie in NRW passieren. Aber davon gehe ich einfach nicht aus.

 
Aber lassen wir das, es ist noch eine Weile Zeit bis zur Wahl, erst mal Sommer, Sonne, Urlaub, dann Wahlplakate, Endlosdiskussionen, dann, aber erst dann, werden wir zur Wahlurne schreiten. Bis dahin fließt noch eine Menge Wasser die Havel hinunter. Ich wünsche Euch einen guten Start in diese Woche: Laßt es Euch gut gehen!

Kommentieren