34 – 44
Ich besitze sie, ich habe sie, ich gebe sie nicht mehr her und es gilt: bis das der Tod uns scheidet. Nicht meiner, sondern ihrer. Sie ist wunderbar, so einfach zu tragen, elegante Farbgebung, Exzellenter Tragekomfort. Gäbe es sie auch in anderen Farben, ich hätte alle davon. Ich kann sie waschen und wenn sie trocken ist von der Leine weg wieder tagen, bügeln, kann muss aber nicht und sie wächst mit und schrumpft wieder wenn ich sie wasche.
Nein, kein BH, der schrumpft und wächst nicht, auch kein seidenes Hemd, auch das wächst und schrmpft nicht und schreit nach der Wäsche laut nach dem Bügeleisen. Trotzdem ich habe sie, die einzige Jeans, die wächst und schrumpft, ganz wie man es gerade braucht. Als ich sie gekauft habe wusste ich nicht, welch Schätzchen ich mir da ins Haus geholt habe. Erst nachdem ich sie einen Abend lang, mit ausgedehnter Schlemmerei getragen habe, ging mir auf was sie alles kann: Meine Jeans von Größe 34 bis unendlich, gefunden per Zufall, ein reduziertes Stück, unbeachtet von all den Kundinnen zuvor. Mein Glück!
Ich brauchte eine Hose, weil ich eingeladen war. Also ging ich – wie das bei mir üblich – kurz vor Ladenschluß eine suchen. Ich mag nicht gerne anprobieren. Das ist nicht meine Welt und eigentlich muss die erste Hose passen. Leider besteht da ein krasser Gegensatz zwischen meiner Figur und den Konfektionsstücken. Entweder schlagen die Hosen in der Leiste Falten, einen Hintern um die Gegenseite auszufüllen, damit vorne keine Falten entstehen, hab‘ ich nicht, kann ich nicht mit dienen. Diese Falten hasse ich, anprobieren auch, die wenigsten Frauenjeans passen, weswegen ich oftmals schon auf Männerjeans ausgewichen bin. Aber wenn ich dann mal Jeans finde, die passen, dann kaufe ich diese meist in zwei Farben, damit ich mir ein weiteres Mal Anprobe spare. Leider haben Jeans der hellblau und dunkelblau, der gleichen Marke, des gleichen Modells nicht die gleiche Paßform. Die eine sitzt, paßt, wackelt, die andere leider meist nicht, aber irgendwie überzeuge ich sie dann doch das zu tun und gut ist.
Also ich fege durch die Damenkonfektion von P & C, in der Hoffnung gleich und schnell fündig zu werden. Auch wenn ich nicht gerne für mich einkaufen gehe, so hatte ich doch eine genaue Vorstellung, was ich haben wollte. Aber das, was ich wollte, war der Meinung mich nicht zu wollen. Also liegen lassen. Zwei Verkäuferinnen bedienten in der Abteilung, kamen und verschwanden meist mit dem Versprechen gleich wieder zu kommen. Das taten sie dann auch irgendwann mit Hosen weiterer Hersteller, anderer Farben und Paßformen. Doof ist, dass ich eigentlich Schlaghosen liebe und diese engen Röhren eher nicht. Doof auch, dass ich meist mit den Röhren nach Hause gehe, mit den Schlaghosen nicht.
Meine kalkulierten zehn Minuten waren um. Meine Lust weiter nach einer Hose zu suchen auch. Ich wollte schon … als dann eine Verkäuferin mit einer weißen Hose überm Arm kam, meinte, dass mir Größe 34 passen könnte. Unter uns, diese 34 ist eher ein bis zwei Nummern größer anzusiedeln. Aber sie passte, wackelte, hatte Luft und war gekauft. Sie war nicht ganz blütenweiß und trat den Gang durch das Bullauge der Waschmaschine an um dort ihre Runden zu drehen. Ein paar Tage später war es dann so weit, ich konnte sie tragen. Luft anhalten, Knopf schließen, Luft ausatmen, fühlen. Fühlte sich gut an, es zwickte und zwackte nicht, nirgendwo. Also los dann. Gartenparty, Essen ohne Ende. Normalerweise setzt ein Hosenbund gelegentlich einen Punkt hinter irgendeinem Teller Gegrilltes, Salaten und Nachspeisen. Diese Hose nicht. Ich habe also gegessen und gegessen und immer noch machte sie das mit. Das hat sie nun schon einige Male getan. Nach einer solchen Völlerei ist sie dann, wenn ich sie zu Hause wieder ausziehe total ausgeleiert, man sieht dann meine Formen, vorne und hinten, sie hat dann die gefühlte Größe 44, was bedeutet rein in die Maschine, Runde drehen, raus kommen und? Ja klar Größe 34. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie eine Hose von Größe 34 bis 44 gehabt, nun habe ich sie und wüsche noch mehr davon in anderen Farben zu haben. Aber ich fürchte, dass dies ein Traum sein wird. Heute Abend stelle ich sie abermals auf die Probe, gucke ob sie den Italiener mitmachen will. Macht es so wie ich: Laßt es Euch gut gehen.