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Das Gutmenschentum oder Alle reden nur

An einem Abend in dieser Woche gelang Til Schweiger ein Wutausbruch in einer Talkshow. Dieser Wutausbruch war berechtigt. Was mich aber nachdenklich stimmt ist die Tatsache, dass er gerade zu diesem Thema seine Popularität nur dann nutzt, wenn er wie gerade eben einen Film vorstellt. Nun will ich ihm nicht unterstellen, dass ihm wirklich nahe geht, wenn Kinder mißbraucht und ermordet werden. Wenn Eltern hoffen und bangen, dass ihre Kinder wieder nach Hause kommen, dass man nie hört wie es Kindern geht, die mißbraucht worden sind.

Wenn ihn all das wirklich interessiert, warum kümmert er sich dann nicht? Warum geht er nicht auf Opfer zu, engagiert sich Mißstände zu beheben? Ist auch er einer jener Gutmenschen, die bei Bedarf laut reden und schimpfen,  um sich dann, wenn die Scheinwerfer erloschen sind umzudrehen und lächelnd nach Hause zu gehen?

Mit keinem Argument ist Gewalt gegen Wehrlose zu rechtfertigen. Es gibt keinen Grund, der strafmildernd für den Täter sein kann, wenn er einen wehrlosen Menschen schändet und mißhandelt. Es gibt für Gewalt kein wie auch immer geartetes Argument. Ich jedenfalls kenne keins.

Niemand kann die Qualen, die Eltern, Mütter und Väter, erleiden müssen, wenn ihre Kinder verschwunden sind, auch nur im Ansatz nachempfinden. Jede Sekunde in der sie nicht wissen wo ihr Kind ist, wie es ihm geht verursacht ihnen nicht nur seelische, sondern auch körperliche Qualen. Es ist als hätten sie ein Hamsterrad bestiegen, das immer schneller läuft und aus dem es kein Entrinnen gibt.

Jeder Mensch hat schon mal einen nahen Angehörigen verloren, einen guten Freund und kennt den Schmerz der Trauer. Er weiß aber auch, dass diese Trauer, dieser Schmerz irgendwann nachlässt, den Anforderungen des Alltags weicht. Nicht so, wenn man ein Kind verliert. Dieser Schmerz und die Trauer bleiben ewig, auch wenn sie sich im Laufe der Zeit verändern, sie bleiben Wegbegleiter durch den Rest der Zeit. Nichts fühlt sich schlimmer an als der Verlust eines Kindes. Ich weiß das. Keine Mutter, kein Vater kann danach weiter leben wie bisher. Es geht immer etwas kaputt in diesen Menschen, deren Zeit stehen geblieben ist, der Leben nie mehr so werden wird, wie es einmal gewesen war.  Das trägt man innen, nicht außen.

Zu allem kommt bei Eltern, deren Kinder einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist, noch die Selbstvorwürfe, die Frage danach, was sie selbst falsch gemacht haben, dass ihr Kind Opfer wurde. Sie können in ihrer Trauer, ihrem Schmerz nicht hören, dass alle sagen, dass sie nichts falsch gemacht haben.

Ich möchte nicht vergessen auf die Opfer hinzuweisen, die vergewaltigt und mißbraucht worden sind, egal welchem Geschlecht sie angehören. Sie werden niemals ein normales Leben weiter leben können.

Herr Schweiger sagte sinngemäß, dass er niemals etwas von den Opfern hören würde, immer nur von den Tätern. Ich muss ihm zustimmen. Die Opfer dürfen nicht in die Öffentlichkeit gezerrt werden, aber sie brauchen eine Stimme, die für sie spricht und eine Hand, die sie führt ohne dass sie ins Rampenlicht gehen müssen.

Das ist alles in Ordnung, ich stimme Herrn Schweiger in fast allen Punkten zu und habe deswegen im Internet recherchiert, habe versucht über seine Aktivitäten in diese Richtung etwas zu erfahren. So sehr ich mich auch bemüht habe, ich habe nichts gefunden. Schade. Somit stellt sich mir die Frage: Ist er auch nur ein Gutmensch?

6 Kommentare zu „Das Gutmenschentum oder Alle reden nur“

  • Annegret says:

    Hallo Gitta,

    ich habe soeben gegooglet und die Nachricht gefunden, daß sich Til Schweiger jetzt für den Opferschutz einsetzen wird. Hoffentlich bleibt es nicht nur bei den Worten.

    Viele Grüße

    Annegret

  • Gitta says:

    Hallo Annegret,

    inzwischen habe ich das auch in einem Magazin gehört. Das ist gut und das ist wichtig. Wenn ich das richig verstanden habe, dann relativiert er inzwischen aber auch einen Teil seiner Aussage. Auch gut.

    Ich werde das im Auge behalten, auch wenn das nicht viel ist. Wenn ich mit dem März durch bin, also dem „Darmkrebsmonat“ will ich mal gucken, ob ich will einen solchen Monat auf meinem Blog initiiere. Ich weiß noch nicht wie, aber wie auch bei meiner Aktion im März werde ich immer die Privatspäre der Betroffenen/Opfer schützen. Nicht viel, das ich mit meinem kleinen Blog tun kann, aber wenn es hilf warum nicht.

    Danke für die Information und einen schönen Abend und ein schönes Wochenende.

    herzlich
    Gitta

  • Hallo Gitta,

    ich stimme dir in jedem Punkt zu.

    Immerhin hat sich Frau Ex-Schweiger schon viele Jahre für den Opferschutz eingesetzt, man muss ja froh sein um jeden, der sich engagiert. Wenn Herr Schweiger jetzt auch aktiv wird, wäre das begrüßenswert. Abwarten, beobachten.

    Lieben Gruß von Grete

  • Gitta says:

    Liebe Grete,

    ja abwarten, beobachten. Einerseits fasziniert es mich, andererseits stimmt es mich nachdenklich, dass soziales Engagement oftmals mit der Vorstellung eines persönlichen Projektes einhergeht. Ich möchte jetzt niemandem Falsches unterstellen, aber monatelang sieht und hört man nix, dann ist ein Film, ein Buch oder was weiß ich fertig und dann verbindet man das. Promotiontour nennt man das, wenn ich mich nicht irre. Natürlich kann man froh sein, wenn überhaupt Engagement stattfindet, wirkliches, richtiges, persönliches Engangement und nicht nur Namensgebung.

    Herzlich
    Gitta

  • Liebe Grete,

    MUSS Til Schweiger eigentlich was tun, nur weil er prominent ist? Darf er nicht einfach eine Meinung haben? Und was SOLLTE er denn dagegen tun? Was KANN er denn konkret tun, um dieses Grauen zu verhindern? Er ist doch gar nicht dafür verantwortlich.
    Und inwieweit würde dieses tätige Handeln beweisen, dass er mehr ist als nur ein „Gutmensch“? Angenommen, er gründet irgendeine Initiative, dann kriegt es vielleicht keiner mit. Dann weiß es keiner und er hat immer noch den Vorwurf an der Backe, sich nicht einzusetzen. Und WENN es jemand mitkriegt, kann man ihm vorwerfen, er tue es nur für die Publicity.
    Und dann ist immer noch nicht gesagt, dass diese Initiative überhaupt irgendetwas nützt. Und wenn ein Promi bei einer Initiative mitmacht, die nichts nützt, könnte es umso mehr nur Publicity sein.
    So oder so, er hat die A…-Karte.
    Gut, dass ich nicht prominent bin.

    Herzlich,
    Michaela

  • Gitta says:

    Hallo Michaela,

    er hat nicht in jedem Fall die A..Karte, hätte es immer in seiner Hand. Es ging ihm weniger um Prävention als um Opferschutz, als das was den Opfern danch passiert, wenn da dann überhaupt etwas passiert. Ohne dass er die Opfer in die Öffentlichkeit zerrt, kann er doch eine Stimme für sie werden, eine sehr laute und als solche dann auch wahrgenomme werden und wenn er das dann immer täte und nicht nur dann, wenn er ein neues Projekt vorstellt, dann ist das ja in Ordnung. Im Übrigen wird er sich wohl im Opferschutz engagieren. Man wird abwarten müssen

    Gitta

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