Archiv
Kategorien

Fehler zugeben

Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Mensch sich schon mal über seinen Arzt geärgert hat. Geht mir nicht anders, aber ich denke, dass wir, der Arzt meines Vertrauens und ich, das bislang immer ausräumen konnten. Es passiert ganz einfach, dass Mensch etwas übersieht, er wie ich auch. Wenn aber so eine Ärztin, noch ganz grün hinter den Ohren, glaubt mich dummdreist anlügen zu können, da werde schlichtweg sauer und wenn ich ihr obendrein noch die Chance gebe unter vier Augen das zu klären und sie mich vollkommen unnötigerweise nach Hörensagen einer Kollegin angreift ohne den Sachverhalt zu kennen, dann sei es erlaubt sie für mich ad acta zu legen. Keine Person, der man vertrauen kann.

Was war passiert? Vor Monaten schon hat meine Mutter eine Krankenodyssee hinter sich bringen müssen, die ihresgleichen sucht. Aus einer gesunden, durchaus schon etwas älteren Frau wurde eine demente alte Frau gemacht, deren einziges Problem war, dass die Familie diese Demenz, nicht einsehen möchte. Am Ende des KH-Aufenthaltes wurde uns eine Medikamentenverordnung mitgegeben, die hinten und vorne nicht gestimmt hat und da das der berühmte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte, war ich auf die Barrikaden gegangen und habe eine höfliche, aber bestimmte Beschwerdemail an den Boss des Krankenhauses geschrieben. Ich möchte den sehen, der das nicht so gemacht hätte.

Meine Mutter ist inzwischen wieder fit und erfreut sich bester Gesundheit, von Demenz keine Spur.

So nun zu meinem Fall, der mit dem meiner Mutter eine sonderbare Verknüpfung erfahren hat. Als ich vor kurzem im Krankenhaus war, versäumte die für mich zuständige Stationsärztin mich zu einem Untersuchungstermin anzumelden. Das ist zwar unangenehm, aber mein Gott, das kann passieren und ein einfaches „Sorry, da hab‘ ich doch glatt versäumt Sie anzumelden!“ wäre gut gewesen. Nun kennt man ja die Körpersprache seines Gegenübers, wenn der anfängt nervös zu werden. Als ich vor ihr auftauchte und fragte wann die Untersuchung denn nun sei, da schaute sie im Computer nach und siehe da, da stand ich nicht drin. Ihre ganze Art, ihre Reaktion war eindeutig, sie war bei einem Fehler ertappt. Aber anstatt dies zuzugeben, was macht die gute Frau? Sie redet sich mit den blödesten aller Ausreden heraus, wo sie im Grunde hätte wissen müssen, dass das jeder Mensch durchschauen kann.

Da stand dann eine Ärztin von mir, die mir einen derartigen Schwachsinn erzählte, der ohne Beispiel war. Die Untersuchung könnte deswegen nicht gemacht werden, weil Menschen mit meiner Krankheit immer erst am Ende der Sprechstunde untersucht werden könnten – aus hygienischen Gründen – und wenn dann ein Notfall dazwischen käme, würden die halt hinten runter fallen. Hallo??? Wie klingt das? Ich habe diese Krankheit nicht erst seit gestern, kenne mich sehr genau aus damit und bin gelegentlich ehrenamtlich hier engagiert. Okay dachte ich, gib‘ ihr Gelegenheit aus der Nummer wieder heraus zu kommen. Ich bat sie also um ein Gespräch unter vier Augen. Ich erklärte ihr artig, was ich tun würde, vor allem, dass wir durch unser Studium an der Charité bis zu einem gewissen Punkt gleiche Ausbildung genossen hatten, dass ich ehrenamtlich unterwegs bin und mich über solche und ähnliche Aussagen meiner Mitpatienten schon gewundert hatte. Bei allem ging es mir nicht um eine Entschuldigung, sondern nur darum, dass sie zugibt einen Fehler gemacht zu haben. Nun ein paar Worte an die Medizinerin direkt:

Liebe Tusse Medizinerin,  irgendwie lief das wohl schief. Nicht nur, dass Du mich vergessen hast anzumelden, nein, Du gibst mir dafür, dass die Untersuchung an diesem Tag nicht stattgefunden hat Erklärungen, die so strunzbeuteldumm waren, das tat weh. Außerdem implizierten sie mir, dass ich, da ich diese Krankheit ja habe, selbst daran Schuld wäre, wenn ich „hinten“ runter fallen würde. So viel Dummheit tut einfach weh. Aber nicht genug damit, Du spannst vor Deinen verfahrenen Karren auch noch Deinen Oberarzt, der mit Dir gemeinsam die „Lügenstrategie“ für gut gefunden haben soll, da ich so „echauffiert“ gewesen sei. Leider hast Du vergessen ihm zu sagen, dass ich deswegen so sauer war, weil ich in einer Art und Weise von Dir angelogen worden bin, dass es nicht mehr feierlich war. So wie ich ihn kennen gelernt habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass er sich gerne vor einen Karren eingespannt sieht, der so aussieht wie Deiner.

Damit aber nicht genug, denn plötzlich während unseres Gespräches ziehst Du eine Trumpf-Ass aus dem Ärmel. Wow! Ich war beeindruckt. Donnerwetter! Ich würde mich doch immer mit den Ärzten dort auf der Station anlegen. Wäre bei meinem letzten Aufenthalt auch so gewesen. Hallo? Doch, das sei bei meinem letzten Aufenthalt auch so gewesen. Bitte? Es gäbe darüber viele Mails. Klingeling! Bing! Ah, eben weiß ich was sie meint. Mädchen, ehrlich, die, die Dich mit diesen Infos gefüttert hat, die kann Dich scheinbar nicht leiden. Da fällt mir nur noch offenes Messer ein, in das Du da reinspaziert bist. Wie sonst kann es sein, dass sie Dich mit etwas füttert, von dem sie ganz genau weiß, dass das gar nicht mich selbst betroffen hat und nebenbei bemerkt, wenn Du in diesem Fall nicht mindestens ähnlich reagiert hättest, wie ich reagiert habe, dann müsste ich noch mehr an Dir und Deiner Berufswahl zweifeln, als ich das ohnehin schon tue. Mal eine Frage nebenbei: wie gehst Du sonst damit um einen Fehler zuzugeben?

Man sagt, dass man sich immer zwei Mal im Leben begegnet. Ehrlich gesagt weiß ich nicht ob das für mich erstrebenswert ist, ob ich das würde haben wollen. Ich wüsste ja nie lügst Du gerade oder nicht? Wie viel Wahrheitsgehalt ist an ihrer Aussage? Sicher, ich würde es überleben, weil ich mir zu helfen weiß, aber mich kotzen solche Auseinandersetzungen an, so was muss ich nicht haben. Was ich bescheuert fand war die Tatsache, dass ich Dir die Möglichkeit gegeben habe unter vier Augen diesen doofen Fehler einzuräumen. Was machst Du? Du reitest mit Informationen Attacke von denen Du Dich überhaupt nicht überzeugt hast, ob sie zutreffen. So etwas wie eine Entschuldigung habe ich gar nicht erwartet, ich wollte einfach nur haben, dass Du weißt, dass Du Mist gebaut hattest, dass man Patienten so einen Schrott nicht erzählen kann.  Dumm gelaufen. Insofern muss ich eine zweite Begegnung nicht haben und falls doch, dann werde ich sie mit all der mir eigenen Gelassenheit zu nehmen wissen und sehen wie das ausgeht.

Ansonsten überdenke Dein Handeln, wie Du in Zukunft mit Deinen Fehlern umgehen willst, denn Du hast es mit Menschen und nicht mit Kartoffeln zu tun.

2 Kommentare zu „Fehler zugeben“

  • Natascha says:

    Liebe Gitta,

    Ich schätze dich und und deine direkte Art sehr und verfolge dich auf Twitter schon seit geraumer Zeit. Ich verstehe deinen Ärger und finde es auch nicht gut, wie bei diesem Vorfall mit dir verfahren wurde.

    Die Menschen sind alle sehr verschieden und ich hoffe folgende englischsprachige Website kann dir dabei helfen, die Menschen besser zu verstehen.

    Ich nutze dieses Wissen täglich im Umgang mit Menschen. Leider habe ich dazu noch kein verglichbares deutschsprachiges Buch gefunden, aber vielleicht übersetzt du es 🙂

    Das Lesen von Menschen/Gesichter: http://www.ireadfaces.com/

  • Gitta says:

    Liebe Natascha,

    viel schlimmer als die Tatsache mich bei der Untersuchung anzumelden, war die miese Ausrede das eigene Versäumnis zu vertuschen. Das ist heutzutage so blöd Patienten zu unterschätzen. Auf der anderen Seite gibt es noch genug Menschen, die das als bare Münze annehmen, weil sie nicht anders wissen als dem, was die Ärzte ihnen erzählen zu glauben. Das ist absolutes „no go!“, das geht gar nicht. Da ist Lieschen Müller, 83 Jahre alt, die kann sich vielleicht gar nicht mehr wehren und nimmt das dann einfach so hin. Nein, das geht nicht. Auch wenn es mancherorts noch nicht verinnerlicht wurde, auch das Gesundheitswesen ist eine Form der Dienstleistung und zwar von ganz unten bis ganz oben. Gottgebahren in Weiß muss der Vergangenheit angehören.
    Ich danke Dir für Deinen Beitrag, werde mich mit Deinem empfohlenen Link in den nächsten Tagen eingehend beschäftigen, vor allem danke ich Dir, dass wiruns einander folgen.

    Herzlich
    Gitta

Kommentieren