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Hertha BSC – Dynamo Dresden

Heute ist Donnerstag, ich weiß, aber klatschen werde ich erst später, wahrscheinlich wird es Nachmittag werden. Ich komme heute irgendwie nicht nach, werde aber dennoch erst mal einen Kaffee trinken, durchatmen und dann den ersten Blogbeitrag schreiben. Ich habe es gestern oder war das vorgestern, ach egal, geschrieben, dass ich zu der Hertha gehen werde. Ich als Fan von Kaiserslautern gehe zu einem Spiel der Hertha. Hertha, die alte Dame, die Zickige, die alternde Diva.

Alles begann als meine Tochter meinte wir könnten doch… Natürlich können wir und wenn wir Glück haben, dann frieren wir nicht zu Klumpen zusammen. Ich bin zur Zeit ziemlich verfroren. Wir nachgeschaut zu welchem Spiel und sie meinte, ich hoffte, dass das Spiel gegen Dynamo Dresden attraktiv sei. Zugegeben, ich wusste ja, dass Bianca ein Fan von Dresden ist und ich hatte gehofft, dass sie nach Berlin kommt. Gleich vorweg, ja sie kam zu dem Spiel. Ich wollte eigentlich meiner Tochter etwas ganz Besonderes bieten, wollte sie zu mehr als nur zu Spiel einladen. Dazu nahm ich Kontakt mit Hertha BSC und da mit Frau Barknecht auf, erklärte ihr was ich wollte und bekam keine Antwort. Hallo??? Aber das scheint ein Aushängeschild von Hertha BSC zu sein, das war mir schon einmal passiert. Ich wollte mit meinem Sohn ins Stadion, wäre so gerne zu einem Spiel mit ihm gegangen. Das Problem, das ich hatte, war das, dass wir mit Rollstuhl hätten kommen müssen und da ich Andreas im Falle eines Anfalls alleine nicht mit dem Rollstuhl hätte bewegen können und mich obendrein überhaupt nicht im Stadion auskenne habe ich nachgefragt wie wir dieses Problem lösen können und natürlich bezahle ich, wie ich den Abend mit meiner Tochter bezahlt hätte, alle drei Eintrittskarten. Antwort: Kommen Sie an die Kasse, wenn es dann noch ein Kontingent an Karten gibt, dann können Sie die haben. Hallo??? Ich wollte drei Karten kaufen, aber eben so, dass der Rollstuhl meines Sohnes berücksichtigt ist. Das habe ich geschrieben. Reaktion – keine Antwort, null Reaktion, das fand ich damals hammermäßig und so erniedrigend als wäre ich als Bittstellerin gekommen, als Bettlerin, die einen Vorteil haben will und wenn ich daran denke, dann treibt es mir immer noch…, aber lassen wir das, denn nun hat Andreas als Sternenkind eh den besten Platz.

Gestern Abend ging ich, obwohl ich, wegen meiner zweifachen Erfahrung, im Grunde meines Herzen der Hertha keinen Euro von mir gönne, dennoch hin. Vielleicht gehe ich nochmals hin, dann, wenn mein Verein, der 1. FC Kaiserslautern kommt. Mal sehen. Also wir, mein Kind und ich, zu Hause im Schweinsgalopp, aber sorgfältig, die Oma versorgt habe, nachdem ich selbst schon fast abfahrbereit war, rüber zur S-Bahn und los. Auf dem Weg dorthin lief vor uns ein Fan in blau/weiß, wir ihm hinterher. Wenn nicht in die nächste Eckkneipe, Treffpunkt Hertha-Fans, einbiegt, dann will er sicher zur S-Bahn. In der Tat wies er uns den Weg und wir huschten gerade eben noch in die Bahn bevor sie losgefahren ist.

S-Bahnhof Olympiastadion, Lautsprecheransage: „Die Fans des SC Dynamo Dresden nutzen bitte den linken Aufgang, die Fans von Hertha BSC den rechten.“. Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch neutral, ohne jedes Zugehörigkeitszeichen wie blau-weißen Schal, oder Shirt, Trikot oder Pulli. Als Fan von Kaiserslautern hatte ich immer befürchtet, dass ich Brandwunden von blau-weiß bekommen könnte, da die Vereinsfarben des 1.FCK doch rot/weiß sind. Als am ersten besten Stand waren, hörten wir das unverkennbare Martinshorn heulen, aufdringlich und von mehr als einem Martinshorn. Mein zukünftiger Schwiegersohn, hach wie klingt das gut, fuhr gerade feierabendmäßig an der Stelle vorbei, wo Hooligans, umzingelt von einem Aufgebot von Polizeibeamten dummerweise – oder soll ich sagen glücklicherweise – eine Schlägerei begonnen hatten. Dummerweise, weil sie wohl keine Chance hatten, glücklicherweise, weil sie so nicht das Stadion erreichten, um dort drinnen ihr Unwesen zu treiben. An Orten, wo Menschen einfach nur zusammen ein Spiel anschauen wollen, ein Fest feiern wollen, Sport erleben wollen, haben gewaltbereite Menschen nichts verloren. Keine Gewalt in Stadien, ich habe dafür Null Verständnis, absolut keins und wünsche mir sehr viel härtere Strafen für die, die das Leben anderer gefährden und noch viel mehr, das sie, die Hooligans genau wissen, dass immer Kinder dabei sind, die genauso Fans sind wie die Erwachsenen. Aaarrgg, wäre es mein Stil, ich würde noch sehr viel härter schreiben, was diese Menschen für mich sind.

Nun gut, nach ewig langer Steherei vor dem Eingang, der nachfolgenden Kontrollen hinter dem Eingang, teilten wir uns: ich zum Hotdog-Stand, ich liebe gute Hotdogs und die da waren verdammt gut, um zwei simple Hotdogs zu erstehen, mein Kind holte uns etwas zu trinken und erreichten eben unsere Plätze kurz bevor das 1:0 gefallen ist. Wir saßen in etwa mittig, rechts die Ostkurve, links der Block mit den Dresdner Fans. Nun gebe ich zu, dass ich so viel vom Spiel nie mitbekomme, weil ich diese Stadionatmosphäre regelrecht aufsaugen kann, damit beschäftigt bin mir all das genau anzuschauen, zu genießen, ab und an mal auf das Spiel schauen. Übrigens macht das Trikot der Hertha eine etwas schlankere Figur als das strahlend gelbe der Dresdner. Der eine oder andere Spieler ähnelte damit ein klein wenig dem Willi aus Biene Maja. Zum Spiel muss ich zugeben, dass der Schiedsrichter ein klein wenig für Hertha gepfiffen hat, soll ja auch mal vorkommen, leider gibt es ja kein Replay und so vermag ich die eine oder andre Entscheidung einfach nicht beurteilen. Trotzdem muss man sagen, die Hertha war genau dieses eine Tor besser und dass Dresden in den letzten paar Minuten wach wurde, hat halt einfach nicht ausgereicht. Übrigens saßen genau hinter uns Dresdner Fans. Es geht friedlich und respektvoll, wir „von der Hertha“, die da hinter uns von „Dynamo“.

Ein geiles Gefühl einfach dazwischen zu sitzen, rechts tobten die Herthaner, links die Dresdner. Sangen während der ersten Halbzeit die Herthaner die Dresdner locker an die Wand. Nicht mehr so in der zweiten Halbzeit, da drehten die Gäste aus Dresden auf und zeigten mal an, was bezogen auf Fangesänge Sache ist. Verstanden habe ich kein Wort, zugegeben und ich habe keine Ahnung, was sie gesungen haben, aber das war Klasse. Man müsste mal solche Fanabordnungen verschiedener Vereine in ein riesiges Stadion packen und sie dann im Kanon singen lassen. Das sprengt jeden jemals dagewesenen Fischer Chor, vor allem bekommt man davon Gänsehaut, vom Fischer Chor eher nicht.

Dann war Ende. Für mich noch nicht ganz. Da waren 42.767 Zuschauer, wenn ich das richtig in Erinnerung habe (wenn ich mir Herthas Verhalten mir gegenüber angucke, wundert mich nicht, dass das so wenig sind) und genau eine Frau, die ich nur von Bildern her kenne, wollte ich treffen und nicht nur das, sie schwarz-gelben, ich blau-weißen Schal. Sie im Block 17 ich in C. So müssen sich die beiden Königskinder gefühlt haben, die, die nicht zusammen finden konnten. Aber die hatten ja auch kein Handy. Ha! Wir schon! Meine Tochter ging schon mal vor zu ihrer Schwester, die in der Nähe des Stadions lebt, ich machte mich auf den Weg zu Block 17. Getroffen haben wir uns bei 11. Geht doch! Klappt doch, dass sich gelb/schwarz und blau/weiß umarmen, sich nicht gram sind. Im Gegenteil, ich kann fast schon den Kaffee riechen, den wir irgendwann in der Zukunft gemeinsam trinken werden. Ich beschreibe es so: Es war toll Dich, Bianca, zu treffen, kurz, aber irgendwie sehr intensiv. Übrigens empfehle ich jedem, der meinen Artikel bis hierher gelesen hat mal bei www.literatwo.de vorbei zu schauen, denn hier ist Bianca zu Hause. Der Besuch lohnt sich auf jeden Fall.

Sieht aus als wären wir beide total entspannt gewesen, oder?

Auch wenn ich in meinem Herzen immer Fan von Kaiserslautern bleiben werde, so gönne ich es der Hertha auch in die erste Bundesliga zurück zu kehren. Natürlich muss da noch ein wenig mehr geschehen, das wird, wie ich meine, einfach noch nicht reichen. Bei Kaiserslautern auch nicht, da muss noch mehr Ballsicherheit her, mehr Sicherheit in der Annahme und bei der Ballabgabe nicht immer den Gegner mitspielen lassen. Ansonsten empfehle ich jedem, egal bei welchem Verein, sich die Atmosphäre eines Stadion reinzuziehen. Da gäbe es noch ein Stadion, da wäre ich mal bei ausverkauftem Haus zu gerne und zwar in Dortmund. Das muss der reine Wahnsinn sein. Damit endet mein kleiner Artikel, ich wünsche schon mal vorsichtshalber einen tollen Tag, wer weiß ob ich den Klatschtag heute noch schaffe: Laßt es Euch gut gehen.

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