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Tod eines kulinarischen Klassikers

Ich mochte sie, ich mag sie immer noch und ich brauche sie. Ich kann mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Warren Buffett hat samt seiner Investoren Heinz Ketchup übernommen und das ist ganz sicher eine der vielen Folgen davon. Vermutlich werden mehr Menschen, zur Gewinnoptimierung, ihren Job verloren haben, als Saucen ihren Platz im Regal. Trotzdem diese exzellente Sauce, vielseitig einsatzbar, wird mir fehlen, vor allem um meine „Hammer-Cocktail-Sauce“ nach geheimem Familienrezept herzustellen. Bye, bye HP-Sauce, bye, bye HP.

HP-Sauce, eine Sauce voller Eleganz, voller Leidenschaft, dezente Schärfe, ausgeglichene Säure und Süße. Seit ich mich erinnern kann, hat sie bei uns gegeben, zu Toastbrot, vermischt mit Ketchup, unnachahmlich. Meine Cocktailsauce ohne sie undenkbar. Seit Tagen suchen wir in den Regalen der Supermärkte, da war nix mehr, keine dieser praktischen Glasflaschen mit dem vertrauten, blauen Etikett war mehr zu finden. Also schrieb ich das Unternehmen an, ich solle doch eine dieser anderen Würzsaucen statt der Classic verwenden. Die kennen ihre eigenen Saucen scheinbar nicht. Da ist geschmacklich ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich kann das beurteilen, ich habe sie probiert und sie alle sind, nach einer angemessenen Zeit und mehrfachen Versuchen selbstverständlich, ausnahmslos im Müll gelandet. Nicht jede Soße, die modern ist, eignet sich für Klassiker.

Ich kann mich erinnern, dass es irgendwann schon mal Lieferengpässe gegeben hatte, bzw. hatte man früher diese Sauce nur beim Feinkosthändler seines Vertrauens kaufen können. Es gab nur wenige Feinkosthändler in der Stadt, aus der ich komme. Die Supermärkte übernahmen die Macht, die Feinkosthändler verschwanden, weil sie für eine Arbeiterstadt zu teuer waren. Das war der Moment, da die Sauce in Supermärkten Einzug hielt. Da war sie dann und alle Probleme sie zu bekommen, lösten sich in Luft auf. Natürlich gab und gibt es meinem Leben größere Probleme als die HP-Sauce, aber was soll ich machen? Man kann nicht immer nur versuchen die großen Probleme lösen zu wollen.

Nun hielten, von der gleichen Firma, andere Saucen Einzug in den Regalen, die Flaschen aufgepeppt und auf den Kopf gestellt, liefen sie dem Klassiker den Rang ab. Einsam fristete sie ihr Dasein, fernab der Herde Kopfstehflaschen, irgendwo oben außerhalb des Blickfeldes, wenn man normalgroß oder klein, je nach Auslegung ist. Nun aber ist sie weg und nicht weg, sie ist mit einem Schlag aus allen Regalen verschwunden, keine Restbestände, keine Billigangebote davon. Einfach weg, von heute auf morgen. Ich will jetzt nicht behaupten, dass sehr große Trauer ausgebrochen war, denn man hat je die Möglichkeit eine Firma heute auf einfachem Weg und ohne großem Aufwand direkt anzuschreiben. Dann die Antwort aus dem Sortiment genommen. Für immer! Bye-bye! Mein Anfall an aufkommender Trauer war von kurzer Dauer, denn zum Glück gibt es da das Internet, das den inländischen Lieferstop ausbügeln konnte.

Inzwischen ist sie wieder da und wenn nicht so, dann eben auf anderen Wegen. Verdammte Anfälle von Sparwut zu Gunsten der Investoren und den Aktionären. An diesen Stellen ist das Internet ein wahrer Segen und durch nichts zu ersetzen. Was lernen wir daraus? Vermisst man Lieblinge im Regal, so blieb uns keine andere Wahl, als im Internet zu suchen und zu finden. Laßt es Euch gut gehen!

 

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