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Zum Nachdenken

Gestern, am Sonntag habe ich seit langer Zeit mal wieder in die Bild am Sonntag geschaut. Auch wenn ein sehr berühmter Politiker einmal sagte, dass man die BILD-Zeitung lesen muss, wenn man wissen will, was der einfache Mann auf der Straße denkt, gehört sie nicht zu meiner täglichen Lektüre. Gestern habe ich sie durchgeblättert und bin bei einem sehr bemerkenswerten Artikel, der Gänsehaut und Bewunderung gleichermaßen ausgelöst hat, hängen geblieben. Es war der Artikel von Eva Mozes Kor über eines ihrer Erlebnis im Konzentrationslager und wie sie es geschafft hat letztendlich zur Ruhe zu kommen.

Eva Mozes Kor war mit ihrer Familie in Auschwitz, ihre Eltern und Geschwister wurden getötet, ihre Zwillingsschwester und sie dienten Dr. Mengele als Versuchsobjekte. Nur weil sie Zwillinge waren, wurden sie aussortiert, wurden zu medizinischen Zwecken mißbraucht. Das ist so unglaublich, so … da fehlen mir die richtigen Worte und es erinnert mich an einen Besuch in Sachsenhausen, den wir mit dem Kurs machten. Ich habe spät mein Abitur gemacht, zeitgleich mit meiner älteren Tochter, nur in unterschiedlichen Schulen. Zu unserem Pflichtprogramm gehörte eben dieser Besuch.

Wir fuhren nach Sachsenhausen, hatten dort eine Führung bekamen all dieses Grauen erklärt. Es ist ein anderes Gefühl, ob Du im Fernsehsessel sitzt und die das durch das Objektiv einer Kamera anschaust, oder ob Du dort stehst, dabei das Gefühl bekommst, die Kiesel unter den Schuhen knirschen zu hören, den Geruch der Angst und den des Todes zu riechen. Wir waren alle Erwachsene, teilweise Mütter und Väter, trotzdem erschütterte uns das, was wir da gesehen haben auf eine ganz eigene Art und Weise. Wir waren uns alle einig, das schon lange vor unserm Besuch da, dass all das, dass so etwas nie wieder passieren darf.

Ein Raum, eine Passage dort hat mir fast die Luft die geraubt, den Atem genommen. Andreas, mein behinderter und kranker Sohn war damals noch kein Sternenkind, in war fröhlich und munter. Als ich gesehen habe, dokumentiert gesehen habe, was sie mit all den wehrlosen, behinderten Menschen gemacht haben, liefen mir die Tränen übers Gesicht. Sie haben einfach diese Kinder und Menschen geholt, haben den Eltern dann erzählt sie seien an einer Lungenentzündung gestorben, nachdem sie unendlichen Versuchen und Folterungen ausgesetzt waren. In diesem Moment wünschte ich mir, dass sich stark genug gewesen wäre dies zu verhindern. Aber ich weiß nicht, ob ich es geschafft hätte.

Eva Mozes Kor hat Auschwitz überlebt, hat die Versuche überlebt, ihre Schwester auch, allerdings hat sie Spätfolgen davon getragen. Ihre Familie hatte keine Chance. Dennoch hat sie einen Weg für sich gefunden, mit all dem umzugehen, es erträglich für sich zu machen. Sie hat einen der SS-Ärzte ausfindig gemacht, trifft ihn, besucht mit ihm Auschwitz und hat das Gefühl verzeihen zu können. Sie merkt, dass ihr das gut tut und geht diesen Weg weiter. Vielleicht etwas, das wir uns aneignen sollten:  Verzeihen können. Dazu muss man nicht erst vergessen, das geht auch so und nimmt Last von einer gepeinigten Seele. Ihren letzten Satz möchte ich für sich sprechen lassen: Nie wieder soll ein Kind seiner Mutter entrissen werden

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